Kräuterpädagogik in der Meditation
Ich sehe die Kräuterpädagogik als eine Form von Leben im Einklang mit der Natur, in welchem Achtsamkeit das Schlüsselwort bildet. Achtsamkeit gegenüber unserer gesamten Umwelt und ihren Geschöpfen. So wie der Taoismus die Welt als einen großen Organismus beschreibt, in dem sich der Mensch harmonisch einfügen soll. Die Welt wird als ein hoch komplexes System gesehen, in dem alles miteinander verbunden ist und in Wechselwirkung steht. Auf diesen Ansatz basierend lässt sich wohl auch auf die Ethnobotanik überleiten. Sie beschreibt die Beziehung zwischen Menschen und Pflanzen und kann somit auch als „Mutterwissenschaft“ der Kräuterpädagogik gesehen werden.
In unserer hektischen Welt bleibt immer weniger Zeit für uns selbst und sich darauf zu besinnen, was unser Körper und Geist wirklich brauchen. Wir sind getrieben von Leistung, Konsum und Selbstdarstellung. Dabei braucht unser Körper und vor allem unser Gehirn Ruhephasen um sich regenerieren und erholen zu können und vor allem um selbstständig denken zu können. In vielen Kulturen gehört die Meditation zum alltäglichen Leben. Die westliche Welt hat jedoch häufig eine ganz andere Richtung eingeschlagen.
Für mich persönlich soll meine Meditation etwas Erdendes und Naturverbundenes sein. Ich möchte vom Alltag loslassen und körperliche und seelische Entspannung finden. Am besten gelingt mir dies in der freien Natur umringt von Blumen und Wäldern. Um dieses Erlebnis auch Zuhause zu finden, versuche ich eine Atmosphäre zu schaffen die dem nahe kommt. Daher ist mein Meditationskissen mit Dinkelspelzen und verschiedenen Kräutern gefüllt, welche meine Entspannung unterstützen sollen. Das Ausräuchern eines Raumes mit Wildkräutern bringt umso mehr die Natur nach Hause.
Um nun auf die Grundidee von gemo, nämlich der Entspannung und Meditation mit Hilfe von Kräutern zurückzukommen, möchte ich ein Zitat beziehungsweise ein Beispiel für eine Meditation aus einem meiner Lieblingsbücher von Paolo Coelho anführen:
DAS EXERZITIUM VOM SAMENKORN
Knie nieder. Dann setze dich auf deine Fersen und beuge dich so weit nach vorn, bis deine Stirn die Knie berührt. Strecke die Arme zurück. Du befindest dich jetzt in Fötushaltung. Schließe die Augen. Nun entspanne dich vollkommen. Atme ruhig und tief. Ganz allmählich glaubst du, ein winziges, wohlig von der Erde umschlossenes Samenkorn zu sein. Du bist von Wärme und Wohlgefühl umgeben. Du schläfst ruhig. Plötzlich erzittert ein Finger. Das Korn will nicht mehr Samenkorn sein, es will wachsen. Du beginnst ganz langsam die Arme zu bewegen, dann richtet sich dein Körper auf, bis du wieder auf den Fersen sitzt. Nun erhebst du dich etwas und verschiebst dein Gewicht ganz langsam nach vorn, bis du wieder kniest. Während du das tust, stell dir vor, du wärst ein Samenkorn, das keimt und allmählich die Erde durchbricht. Jetzt ist der Augenblick gekommen, die Erde ganz zu durchstoßen. Du erhebst dich langsam, setzt erst einen Fuß, dann den anderen auf, versuchst das Gleichgewicht zu halten, wie ein Schößling, der um seinen Raum kämpft. Wenn du ganz aufgerichtet stehst, stelle dir das Feld um dich herum vor, die Sonne, das Wasser, den Wind und die Vögel: Du bist ein Samenkorn, das wächst. Du hebst langsam die Arme zum Himmel. Dann streckst du dich immer weiter, als wolltest du die Sonne packen, die über dir leuchtet und dir Kraft spendet und dich anzieht. Dein Körper spannt sich an, die Muskeln kontrahieren, und dabei fühlst du, daß du immer größer wirst, bis du schließlich riesig bist. Die Anspannung wird immer stärker, wird schmerzhaft, unerträglich. Wenn du es nicht mehr aushältst, stoße einen Schrei aus und öffne die Augen.
(Coelho, P., 1987. Auf dem Jakobsweg. Rio de Janeiro: Editora Rocco Ltda, 42-43.)
Das in dieser Meditation beschriebene Eins-Sein mit pflanzlichem und menschlichem, beschreibt eine meiner Wahrnehmungen von Kräuterpädagogik.